„Viele Journalisten wären lieber auf der anderen Seite“, sagt Boris Reitschuster. „Sie träumen davon, in der staatlichen Versorgungsmaschinerie unterzukommen.“ Eigentlich handele es sich vor allem bei den Öffentlich-Rechtlichen eher um „Pensionsanstalten mit Sendebetrieb“.
Im Gespräch mit mir betrachtet er die prekäre Lage des kritischen Journalismus, dem er „Informationsinzucht“ unterstellt, und räumt ein: „Ich wünschte, ich würde mich irren!“ In den Augen der Regierenden, vermutet er, gilt er als „Betriebsunfall“, weil er ihnen durch hartnäckiges Nachfragen den Job „unangenehm“ macht.
Leider müsse die Lage wohl eher erst härter werden, bevor die Menschen ihr Recht auf eine freie und unvoreingenommene Presselandschaft einklagen. Doch Boris Reitschuster macht auch Mut, was die Aussichten für junge unabhängige Journalisten angeht: „Die technischen Möglichkeiten sind ein Segen – und die Nachfrage nach unabhängiger Berichterstattung ist groß.“ Zum Abschluss geht es um die Frage, welche Regionen in Europa für freiheitsliebende Menschen empfehlenswerter sind als Deutschland zu überwintern.
Sehr geehrter Herr Reitschuster,
das Phänomen, dass Journalisten und Kabarettisten, die jahrzehntelang die Regierenden kritisch aufs Korn genommen hatten, plötzlich „zahm“ wurden, ist alt. Mir ist es zum ersten Mal begegnet, als Willy Brandt 1969 Kanzler wurde. Die Münchner „Lach- und Schießgesellschaft“ stellte umgehend ihre „Arbeit“ ein, man wollte nun nicht die eigenen Gesinnungsgenossen „veräppeln“. Nach einigen Jahren Pause gab sich das wieder. Das Problem war dasselbe wie heute: man versteht sich als Aktivist und nicht als kritischer Beobachter.
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