Es gibt ein neuartiges Archiv – Das Social Engineering Archiv. Ein Interview mit Aya Velázquez

Von Franziska Frey

Noch ein Archiv? Wer braucht denn so etwas? Wir brauchen es und es kommt genau zur richtigen Zeit! Das erste digitale Archiv auf Telegram zu diesem Thema stammt von Aya Velázquez.

Velázquez ist freie Journalistin. Sie veröffentlicht ihre journalistischen Arbeiten in ihrem Substack-Blog und kommentiert das politische Tagesgeschehen auf Telegram und Twitter.

Wie kam es zu der Idee eines digitalen Archivs zum Thema Social Engineering? Wie so oft stand der Zufall Pate: Velázquez hielt in einer privaten Gruppe einen Vortrag über Social Engineering, ein Thema, mit dem sie sich seit Beginn der Corona-Krise intensiv beschäftigt hat. Als sie die Quellen ihres Vortrags für ihr Publikum strukturieren wollte, kam ihr Idee, gleich ein offenes Archiv dazu anzulegen.

Wir alle sind in den letzten Jahren zunehmend Opfer von Social Engineering geworden, ohne zu wissen, was genau das eigentlich ist. Aya beschreibt es so: „Beim Social Engineering geht es darum, die Gesellschaft in unversöhnliche Echokammern zu zerteilen, in gut regierbare kleine Häufchen. Am besten zwei – ‚den Mainstream‘ und ‚die Schwurbler‘. Um das zu erzeugen, wendet man viele psychologische Methoden an, die in unserem Alltag versteckt sind.“

Das Social Engineering Archiv von Aya Velázquez möchte gewissermaßen Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Der Journalistin ist es wichtig, die Funktion von Social Engineering zu beleuchten, da heutige Gesellschaften im Wesentlichen damit regiert werden. Sie spricht davon, dass „es heute nicht mehr möglich wäre, gewaltsame, totalitäre Herrschaften direkt zu installieren. Das würde niemand akzeptieren, selbst die Mitte der Gesellschaft nicht. Eine offen autoritäre Gewaltherrschaft bekäme in unserer hypersensibilisierten Gesellschaft keine Mehrheiten.“ Aus diesem Grund wird Social Engineering verwendet, um schwer durchsetzbare Ziele zu verschleiern und über Umwege das Bewusstsein der Menschen so zu manipulieren, dass sie unliebsame Vorhaben akzeptieren – wie beispielsweise die Impfpflicht.

Über das wahre Ausmaß von Social Engineering hört man von offiziellen Stellen selten etwas. Wenn beispielsweise das Bundesamt für Informationssicherheit über das Phänomen ‚informiert‘, wird etwa auf Phishing-Methoden im Internet hingewiesen – und damit nur über einen sehr schmalen Ausschnitt des gesamten Phänomens. Da geht es dann um die berüchtigten „Enkeltricks“ oder darum, dass Menschen aufpassen sollen, wem sie im Internet ihre sensiblen Daten anvertrauen. Velázquez kommentiert dazu: „Da denkt sich Otto Normalo dann, so naiv bin ich nicht. Auf solche Tricks falle ich nicht rein. Das Thema ist dann für ihn abgehakt. Er wird sich mit ‚Social Engineering‘ nicht weiter beschäftigen und nicht mitbekommen, wie er in die nächste Impfkampagne hinein ‚genudged‘ wird. Oder wie er vom Tagesspiegel dazu gebracht wird, Regierungskritiker, die sogenannten ‚Schwurbler‘, zu hassen.“

Man kann einen Begriff erfolgreich verschleiern, indem man ihn mit einer verengten Bedeutung auflädt und dessen umfassendere Dimension verschweigt. Im Moment erleben wir überall, dass Worte in ihr totales Gegenteil verkehrt werden. Velázquez ist davon überzeugt, dass wir die nächsten Jahrzehnte zunehmend mit Propaganda- und Social-Engineering-Methoden regiert werden. Das Thema wird daher von Relevanz bleiben. Laut Velázquez sei leider auch die Opposition hier in viele Fallen getappt. Das Problem bestünde darin, dass die Opposition „mitregiert“ wird, indem man systematisch Fake-Narrative in ihr platziert, um eine Diskreditierung der gesamten Bewegung zu bewirken. Professionelle Think Tanks, die Social Engineering betreiben, bespielen eben nicht nur den Mainstream, sondern auch die Opposition. Es geht darum, beide Lager zu kontrollieren. Eine Bilanz der letzten zwei Jahre ist, dass die Opposition in viele Framing-Fallen getappt ist, die es dem Mainstream unmöglich machen, sie ernst zu nehmen. Viele folgenreiche Fehler der letzten zwei Jahre wurden bewusst gesetzt.

„Geheimdienste arbeiten so. Auch in der Bundeswehr gibt es eine Spezialeinheit für
psychologische Kriegsführung, die etwa 900 Menschen umfasst. Selbstverständlich sind diese bei einer so großen Gesellschaftsumwälzung, wie jene, derer wir die letzten zwei Jahre Zeugen wurden, im Einsatz.“ Velázquez berichtet über die beliebte Methode, berechtigter Kritik, die im Ansatz gut und richtig war, komplett unglaubwürdige Punkte hinzugefügt wurden, „um das Ganze so richtig an die Wand zu fahren.“ Diesbezüglich gälte es ihrer Ansicht nach, in der Opposition für jene Mechanismen der gezielten Diskreditierung ein kritisches Bewusstsein aufzubauen. Am besten könne dies durch Aufklärung erreicht werden.

Velázquez begann damit, ihre eigenen Quellen über Social Engineering zu bündeln und in eine Telegram-Gruppe zu überführen, die sie öffentlich machte. Da es sich um eine Gruppe, keinen Kanal handelt, kann dort jeder neue Gruppenteilnehmer sein Wissen beisteuern. Viele Follower von Velázquez begeisterten sich schnell für das neue Archiv: „Das Interesse war riesig – das Thema war einfach dran“. In nicht einmal vier Wochen meldeten sich über 3.500 Menschen im Social Engineering Archiv an und laden dort täglich neue Informationen hoch. Das Besondere dabei ist, es geht ausschließlich um die Vermittlung von Wissen und Quellen, nicht um den Austausch von Meinungen. „Es sollte keine weitere Schnattergruppe werden – davon gibt es auf Telegram schon mehr als genug“, meint Velázquez. Im Social Engineering Archiv dürfen daher keine Chats stattfinden, es sind ausschließlich Informationen und verlinkte Quellen zugelassen.
Auch Kanal-Beiträge sind untersagt, um eine Framebarkeit des Archivs zu vermeiden. Velázquez kann sich vorstellen, dass auf diese Weise gesammelte Wissen irgendwann zusammen mit ihren Mitstreitern in eine gut strukturierte Website zu überführen.

Eine wichtige Herausforderung bei der Kuration des Archivs bleibt es, inhaltliche Doppelungen, Spam, Hass oder antisemitische Inhalte zu unterbinden. Daher wird das eingestellte Material von inzwischen sechs Administratoren geprüft, die Falschmeldungen, unseriöse Quellen und verfassungsrechtlich problematisches Material entfernen.

Auf diese Weise entstand in kürzester Zeit ein für alle zugängliches Archiv zu dem hochbrisanten Thema „Steuerung der Massen“. Jeder Gruppenteilnehmer kann seinen Beitrag leisten und eigene Quellen hinzufügen. Von Klassikern wie Edward Bernays, Links zu Studien, Webseiten, Dokumentarfilmen, wie zur „Operation Gladio“ der BBC von 1992, kommt so das Wissen Tausender, gut informierter Menschen zusammen, dass mit jedem weiteren Teilnehmer wächst.

Niemand hätte eine solch umfangreiche Quellensammlung jemals allein zusammentragen können. Mithilfe des neuen Archivs kann sich jeder Interessierte über Social Engineering informieren und ein Bild darüber machen, inwieweit er selbst diesem ausgesetzt war und ist. Das Archiv dient dazu, der eigenen Verstrickung in psychologische Manipulationen auf die Schliche zu kommen, sowie sich und sein Umfeld in Zukunft wehrhafter dagegen zu machen.


Quellen:
1 – Zum Social Engineering Archiv: https://t.me/socialengineeringthinktank
2 – Velázquez’ Substack-Blog: https://ayavela.substack.com/
3 – Velázquez auf Twitter: https://twitter.com/aya_velazquez
4 – Velázquez auf Telegram: https://t.me/s/ayawasgeht

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