Ein Kommentar von Tarek Schwarz
Wenn die vergangenen Jahre eines gezeigt haben, dann die Wichtigkeit alternativer Medien. Das Versagen des Mainstreams zeigte sich nicht nur an einer beispiellosen Hysterie und Polarisierung während der Pandemie, sondern auch dadurch, dass unpopuläre Ansichten und Informationen bewusst ausgelassen oder missbilligt wurden (und werden). Obgleich eine Aufarbeitung der beiden Pandemiejahre langsam auch im Mainstream Einzug hält, weil er die seit langem präsenten Fakten nicht mehr ignorieren kann, erlaubt das vereinheitlichte Sicherheitsgefühl so mancher Redaktionsstube nach wie vor weder Widerwort noch offenen Diskurs.
Alternative Medien brachten diesbezüglich frischen Wind. Ausdauernde und mutige Menschen haben ein Gegengewicht zu den monotonen Verlautbarungen des Mainstreams etabliert, das immer weiter wächst.
Ein neues Radioformat
Zuletzt wurde es um ein Radioformat erweitert: Kontrafunk – die Stimme der Vernunft. Initiiert wurde Kontrafunk von Burkhard Müller-Ullrich, einem Urgestein des deutschen Radios mit jahrzehntelanger Erfahrung, unter anderem beim Deutschlandfunk und SWR2. Bis vor kurzem war er der Herausgeber des „In dubio“-Podcasts bei der Achse des Guten. Die Achse und Müller-Ullrich gehen jedoch seit März 2022 getrennte Wege, was zunächst in der Umbenennung des Podcasts in „Kontrafunk“ und später in der Gründung eines alternativen Radios resultierte.
Bekannte Stimmen, kritische Stimmen
Bei Kontrafunk finden sich einige Stimmen wieder, die während der vergangenen zweieinhalb Jahre bereits vernehmbar waren: Der Journalist Benjamin Gollme von Basta Berlin moderiert „Kontrafunk Aktuell“. Argo Nerd, der anonyme Bildkünstler mit einem scharfen Blick für gesellschaftliche und politische Widersprüche, hat eine eigene Musiksendung. Der Arzt und Publizist Paul Brandenburg, der wegen seines Engagements bereits mit dem „Staatsschutz“ zu tun hatte, wird nun regelmäßig in einer Live-Sendung über kontroverse Themen diskutieren. Der Schriftsteller und Liedermacher Bernhard Lassahn fügt mit „Unter Freunden“ ein weiteres Dialogformat hinzu. Die Journalistin Jasmin Kosubek beichtet gemeinsam mit ihrem Kollegen Aron Morhoff jene Ansichten, denen der öffentlich-rechtliche Medienbetrieb ebenfalls durchaus „kritisch“ begegnet – und der Philosoph und Schriftsteller Gunnar Kaiser würzt das Programm von Kontrafunk demnächst mit einer wöchentlichen Philosophiesendung. Natürlich ist diese Aufzählung mitnichten komplett und es bleibt abzuwarten, welche Stimmen sich noch hinzugesellen.
Die Themenwahl
Die Themen sind, wie nicht anders erwartet, kontrovers. Diskutiert wird über Gender und Mehrgeschlechtlichkeit, Klima, neues Rassedenken, Totalitarismus, neue Wege des Liberalismus und vieles andere mehr. Es sind zuweilen unangenehme Themen und Stellungnahmen, die in der öffentlichen Debatte nur sehr eingeschränkt gehört und diskutiert werden, da die salonfähig gemachte „Cancel Culture“ sie als illegitim verwirft, begründet mit Gesetzen über „Safe Spaces“, „Hassrede“ und „Diskriminierung“.
Das alte Framing: Kontrafunk ist „rechts“
Wo ein kritischer Radiosender kontroverse Themen aufgreift, ist das politische Framing keinen Wimpernschlag entfernt. Kontrafunk sei „rechts“ – verkündet zum Beispiel der Journalist und Grimme-Preisträger Andrej Reisin auf Übermedien. Es sei „ein neues Webradio für alle, denen die „Mainstream-Medien“ politisch nicht mehr konservativ oder rechts genug sind.“. Überdies sei Müller-Ullrich schon vor langer Zeit „deutlich rechts abgebogen“.
Allein dieses beleglose Framing gibt jedem informierten Leser unmissverständlich zu verstehen, auf welchem abgemagerten Gaul Reisin dahergeritten kommt. Belege für solche diffamierenden Behauptungen zu finden, ist heutzutage leichter den je – vor allem dann, wenn man zwei Begriffe in einen Topf wirft, ihnen damit eine enge Verwandtschaft andichtet und jede konkrete Definition des Begriffes „rechts“ vermeidet, sodass man darunter schließlich alles subsummieren kann, das auch nur im Entferntesten eine konservative Note hat. Reisin reiht sich somit bei jenen ein, die statt auf gute Argumente auf politisches Framing und Kontaktschuldbehauptungen setzen, offenbar in dem Glauben, dies verwandle ihre vage Behauptung in eine Tatsache.
Im Folgenden ergeht er sich in teils zynischen, teils amüsierten Anmerkungen zum Programm. Das liest sich hin und wieder witzig und wirkt auf mich zumindest in Teilen berechtigt, soviel werde ich ihm lassen. Er schließt seinen ambitionierten Versuch eines Totalverrisses mit der Einschätzung, Kontrafunk wirke wie „ein Altherren-Radio für eine abtretende Generation Konservativer“. Es sei fraglich, ob „der neuen Rechten“ hier ein reichweitenstarkes Medium hinzugewachsen ist.
Reisin beendet seinen Beitrag also mit demselben Framing, mit dem er ihn begonnen hat – wiederum ohne zu definieren oder zu belegen, wer oder was diese „neue Rechte“ überhaupt ist, wer nun eigentlich zu dieser „neuen Rechten“ gehört und ob Kontrafunk diese „neue Rechte“ tatsächlich mit Inhalten füttern will. Aber ach, an dieser Stelle erscheint der Wunsch nach einer genauen Definition und einem konkreten Merkmalskatalog beinahe naiv, ist doch heutzutage jeder rechts, der sich eines „falschen“ Kontaktes oder – schlimmer noch – der „falschen“ Hörerschaft schuldig macht. Mich würde jedenfalls brennend interessieren, in welcher bisher ausgestrahlten Sendung irgendein Mitarbeiter (oder gar Burkhard Müller-Ullrich selbst) etwas gesagt hat, das eindeutig dem „rechten Lager“ oder der „neuen Rechten“ zugeordnet werden kann – wohlgemerkt ohne den unangenehmen Nebeneffekt einer Verharmlosung der wirklich gefährlichen Nazis in Deutschland.
Fortsetzung folgt
In einem Punkt liegt Reisin jedoch richtig: Kontrafunk befindet sich im Aufbau und möchte wachsen. Sofern Sie also (ACHTUNG: IRONIE *AN*) auch ein ultrarechter oder erzkonservativer, zukünftiger Altnazi sind, der sich abseits der öffentlich-rechtlichen Meinungsmache informieren und sich im Zuge dessen von „preisgekrönten Journalisten“ abwatschen lassen möchte, dann schalten Sie ein und machen Sie sich ein eigenes Bild: www.kontrafunk.radio
Im Übrigen hält sich diese Rechtspopulistenschmiede nur durch Spenden am Leben, also tragen Sie zur Zersetzung der Demokratie am besten dadurch bei, dass Sie eine Patenschaft abschließen. Für 10 Euro monatlich können Sie Ihren Lieblingen von Rechtsaußen unbegrenzt lauschen.
IRONIE *AUS*.
Hat dies auf Menschenkind rebloggt.
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